1 00:00:04,920 --> 00:00:05,640 Das war's für heute. 2 00:00:05,640 --> 00:00:08,720 Bis zum nächsten Mal. 3 00:00:11,006 --> 00:00:18,566 Modellorientierung, Theorie, Modelltheorien, allgemeine Modelltheorie und informatische Konkretisierung. 4 00:00:19,686 --> 00:00:23,886 Im folgenden wird ein Einblick in den Modellbildungsprozess geboten, 5 00:00:24,206 --> 00:00:34,146 der anhand von Modelltheorien und der allgemeinen Modelltheorie nach Stakobiak dargestellt und dann auf die Informatik bezogen wird. 6 00:00:38,522 --> 00:00:51,422 Die Modellbildung in der Informatik ist ein fester Bestandteil dieser Wissenschaft und wurde dementsprechend auch schon früh in den didaktischen Fokus genommen. 7 00:00:51,922 --> 00:01:03,462 Ausgang war zunächst die Anwendung. Das heißt, Modelle und Modellbildung wurden in ihren verschiedenen Facetten primär als Werkzeug gesehen und verwendet. 8 00:01:03,904 --> 00:01:10,644 Um die Jahrtausendwende herum trat UML, also Unified Modelling Language, aus dem Software Engineering 9 00:01:10,644 --> 00:01:22,184 kommt seinen Siegeszug an, fand breite Verbreitung und bot in diesem Prozess eine ganze Fülle an verschiedenen Modellierungstechniken. 10 00:01:22,824 --> 00:01:30,164 Das hat sich dann auch in den Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik, für informatische Ausbildung niedergeschlagen. 11 00:01:30,688 --> 00:01:35,008 Die explizit von "informatische Modellierung" spricht. 12 00:01:36,008 --> 00:01:40,108 Natürlich ist das, was unter "informatischer Modellierung" 13 00:01:41,248 --> 00:01:44,188 firmiert, nicht auf UML beschränkt. 14 00:01:44,348 --> 00:01:50,128 Durch die Verbreitung von UML ist das jedoch mehr in den Fokus 15 00:01:50,128 --> 00:01:53,488 der Praktiker und auch der Didaktiker gerückt. 16 00:02:00,486 --> 00:02:07,386 Der Modellbildungsprozess, der Begriff des Modells und seine außerordentlich 17 00:02:07,386 --> 00:02:14,486 vielfältige Anwendungsbreite und Tiefe hat dazu geführt, dass schon sehr früh 18 00:02:14,486 --> 00:02:20,526 verschiedene Leute versucht haben, auf abstrakterem Niveau sich diesem 19 00:02:20,526 --> 00:02:25,926 Problemfeld zu nähern. Zwei bekannte Vertreter sind Apostel und 20 00:02:27,136 --> 00:02:39,136 die auf diesem Gebiet Grundlagenarbeit geleistet haben. Apostel um 1960 herum und Stakowerk um 1973 herum mit entscheidenden Publikationen. 21 00:02:41,156 --> 00:02:51,756 Dort wird das Modell und der Modellbildungsprozess in Grundkomponenten und Beziehungen aufgeteilt. 22 00:02:52,912 --> 00:02:58,912 Das Modell besteht dabei aus dem Original, dem Modell, dem Subjekt und dem Zweck. 23 00:03:00,192 --> 00:03:11,532 Das Original, das ist die Vorlage für das Modell, das ist einfach nur ein anderer Name für die Vorlage, für das ein Modell erstellt werden soll. 24 00:03:12,012 --> 00:03:16,352 Sprich, ein Modell bildet ein Original geeignet ab. 25 00:03:16,512 --> 00:03:22,952 Das ist der wichtige Punkt. Er bildet das "geeignet" ab, was auch immer "geeignet" im jeweiligen Kontext dann heißen soll. 26 00:03:24,612 --> 00:03:32,472 Das Subjekt, das ist derjenige, der das Modell erstellt und der Zweck, das ist genau das, ne? Also der Zweck, den das Modell haben soll. 27 00:03:32,552 --> 00:03:41,852 Es gibt nicht das Modell, es gibt immer nur ein Modell für etwas, das einen Zweck erfüllen soll und im Lichte dieses Zwecks Sinn macht. 28 00:03:44,478 --> 00:03:51,878 Dabei trägt das Original das Abbildungsmerkmal der Repräsentation und das Modell das des 29 00:03:51,878 --> 00:03:54,358 Verkürzungsmerkmals oder der Idealisierung. 30 00:03:54,698 --> 00:03:59,398 Das heißt, das Original, die Vorlage für das Modell, ist ein Repräsentant seiner Art 31 00:03:59,938 --> 00:04:06,558 und das Modell, egal wie komplex, ist immer ein Prozess der Idealisierung oder das Ergebnis 32 00:04:06,558 --> 00:04:08,418 einer Idealisierung. 33 00:04:08,418 --> 00:04:10,938 Sie können die Wirklichkeit 34 00:04:11,184 --> 00:04:15,744 nicht eins zu eins modellieren. Es gibt immer gewisse Einschränkungen. 35 00:04:16,024 --> 00:04:21,584 Zwischen diesen vier Grundkomponenten gibt es Beziehungen, die werden in der 36 00:04:21,584 --> 00:04:24,864 abstrakteren, allgemeineren Modelltheorie 37 00:04:24,864 --> 00:04:26,364 Operationen genannt. 38 00:04:27,404 --> 00:04:32,484 Das sind die Präterition, Kontrastierung, Transkodierung und Abundanz. 39 00:04:32,804 --> 00:04:38,024 Das hört sich jetzt kompliziert an, bezeichnet aber recht einfache Dinge. 40 00:04:38,416 --> 00:04:42,436 Die Präterition ist das Fortlassen von Originalattributen. 41 00:04:43,296 --> 00:04:47,356 Die Kontrastierung ist die Hervorhebung von Originalattributen. 42 00:04:48,076 --> 00:04:54,576 Die Transkodierung ist die Verwendung von Originalattributen mit anderer semantischer Belegung. 43 00:04:55,256 --> 00:05:02,196 Und die Abundanz ist die Einführung zusätzlicher Modellattribute, die im Original so nicht vorhanden waren. 44 00:05:05,026 --> 00:05:25,606 Stachowiak baute dies in seiner allgemeinen Modelltheorie noch weiter aus. Dabei ist zu bemerken, dass die allgemeine Modelltheorie nicht aus dem technischen Bereich stammt, sondern aus der philosophischen Erkenntnistheorie, was einige terminologische Entscheidungen vielleicht auch einsichtiger macht. 45 00:05:27,066 --> 00:05:30,446 Und das Besondere dabei ist, dass 46 00:05:30,960 --> 00:05:37,840 er das Erfassen der Welt durch das Individuum in Modellen sieht. 47 00:05:38,340 --> 00:05:44,040 Das heißt, die Welt selbst wird zum Modell im erkennenden Subjekt. 48 00:05:45,960 --> 00:05:50,640 Das ist natürlich eine sehr tiefgreifende Überlegung philosophischer Art, 49 00:05:52,820 --> 00:05:57,820 über die der genagte Zuhörer mal nachdenken kann, welche Konsequenzen das hat. 50 00:06:00,960 --> 00:06:02,760 Vielen Dank für's Zuschauen. 51 00:06:02,906 --> 00:06:11,126 Zur Strukturierung verschiedener Modelltypen gibt Starcoviac eine ganz pragmatische Dreiteilung an. 52 00:06:11,586 --> 00:06:16,466 Und zwar unterteilt er in grafische, technische und semantische Modelle. 53 00:06:17,186 --> 00:06:22,186 Grafische Modelle sind ihm zufolge im Wesentlichen zweidimensionale Modelle. 54 00:06:23,226 --> 00:06:29,386 Die Originale stammen dabei aus dem Bereich des Wahrnehmens, des Vorstellens und der gedanklichen Operationen. 55 00:06:29,386 --> 00:06:31,026 Also auch Denkprozesse können. 56 00:06:31,584 --> 00:07:00,104 originale bilden oder vorlagen für modelle grafische modelle die unmittelbar ihre bedeutung repräsentieren werden als ikonisch bezeichnet während symbolische modelle ihre bedeutung durch eine zuordnung bekommen das kennen sie aus dem interface design ikonisch und symbolisch also keine also die 57 00:07:00,104 --> 00:07:00,244 modelle grafisch 58 00:07:00,272 --> 00:07:02,532 die begriffe sind 59 00:07:03,512 --> 00:07:07,292 aus dem interface design gegebenenfalls 60 00:07:08,592 --> 00:07:11,012 zu verorten aus den arbeiten 61 00:07:11,012 --> 00:07:14,052 allgemeiner modelltheorien 62 00:07:14,052 --> 00:07:18,732 technische modelle sind vorwiegend dreidimensionale 63 00:07:18,732 --> 00:07:24,652 raumzeitliche und materiell energetische repräsentation von originalen 64 00:07:24,652 --> 00:07:28,552 ja das ist natürlich jetzt schön deutsch ausgedrückt technische 65 00:07:28,552 --> 00:07:29,072 modelle sind 66 00:07:29,264 --> 00:07:35,524 eben das technische modelle irgendein technischer prozess oder technische 67 00:07:35,524 --> 00:07:41,604 gegenstände sind originale für das modell semantische modelle was erwirkt sich 68 00:07:41,604 --> 00:07:44,284 dahinter das sind kommunikationssysteme die ein 69 00:07:44,284 --> 00:07:48,344 subjekt zur informationellen verarbeitung seiner wirklichkeit verwendet 70 00:07:49,164 --> 00:07:54,704 allein in der formulierung sehen sie die die herkunft aus der philosophie 71 00:07:54,724 --> 00:07:56,604 schon kommt es wird zwischen 72 00:07:57,040 --> 00:08:08,560 internen modellen der perception und des denkens sowie den externen semantischen modellen die sich aus zeichen- und zeichenkombinationen aufbauen unterschieden. 73 00:08:08,560 --> 00:08:25,600 okay diese etwas blumig klingenden formulierung sind a aufgrund der philosophischen herkunft zu erklären und b auch dem problem zu schulden dass man sich ja nicht auf einen 74 00:08:26,016 --> 00:08:30,956 konkreten gegenstandsbereich beziehen kann wenn man allgemeine modelltheorien entwickelt 75 00:08:30,956 --> 00:08:38,916 das muss man allgemein formulieren und das führt dann oft zu sprachlichen konstrukten die nicht 76 00:08:38,916 --> 00:08:44,216 direkt einleuchten gegebenenfalls aber wir beziehen das jetzt auf die informatik dann 77 00:08:44,216 --> 00:08:46,156 werden diese dinge vielleicht klarer 78 00:08:48,282 --> 00:08:55,042 Legt man die Dreiteilung der allgemeinen Modelltheorie zugrunde und bezieht sie auf die Informatik 79 00:08:55,042 --> 00:09:02,882 als Gegenstandsbereich, lässt sie sich beispielsweise gemäß der folgenden Abbildungen weiter präzisieren. 80 00:09:04,382 --> 00:09:10,702 Durch diese Zuordnung wird dann insbesondere die Modellvielfalt in der Informatik aufgezeigt, 81 00:09:11,322 --> 00:09:14,022 eine Eigenschaft, die der Informatik zu eigen ist. 82 00:09:14,496 --> 00:09:43,636 Als Blätter des Strukturbaums finden sich dann bekannte Modelltypen wieder. Sie sehen hier das Entity-Relationship-Modell, Suchbäume und andere Dinge, die Sie kennen, finden Sie in solchen Strukturbäumen, wo Dinge geordnet werden, dann in den Blättern wieder und das empfehle ich Ihnen auch, sich die Visualisierung von den Blättern her klar zu machen, weil das ist der Ankerpunkt, 83 00:09:43,984 --> 00:09:56,984 wo Sie schon Wissen haben. Sie kennen gewisse Modelle aus verschiedenen Bereichen und dann arbeiten Sie sich die Abstraktionsstufen rückwärts nach oben bis zu den jeweiligen Wurzeln. 84 00:09:58,004 --> 00:10:10,144 Hier abgebildet ist die erste Kategorie, die grafischen Modelle, Zustandsdiagramme und Strukturgramme als Repräsentanten vom Flussdiagramm können Sie hier zum Beispiel erkennen. 85 00:10:10,144 --> 00:10:12,304 Genau, das sind symbolische Modelle. 86 00:10:12,336 --> 00:10:18,236 Grafische Modelle, die auch in der gymnasialen Oberstufe relevant sind. 87 00:10:23,706 --> 00:10:30,866 Bei den technischen Modellen haben wir etwa die mechanischen Modelle als 88 00:10:30,866 --> 00:10:35,386 repräsentantentechnischer Modelle und diese bilden eine schöne Verknüpfung zur 89 00:10:35,386 --> 00:10:40,686 Geschichte der Informatik, aber auch zu Quantencomputern als elektrochemische 90 00:10:40,686 --> 00:10:46,766 Modelle, deren zukünftige Entwicklungen momentan gar nicht absehbar sind. 91 00:10:47,346 --> 00:10:50,966 Also auch zukünftige Entwicklungen sind in solchen 92 00:10:51,248 --> 00:10:57,668 abstrakten Modelltheorien dann in irgendeiner Form verankert. Das ist ja 93 00:10:57,668 --> 00:11:01,548 gerade die Leistung von Abstraktion, dass nicht nur die Vergangenheit und die 94 00:11:01,548 --> 00:11:05,288 Gegenwart erfasst wird, sondern möglichst auch die Zukunft. 95 00:11:08,988 --> 00:11:15,108 Bei den semantischen Modellen haben wir einen Stufenprozess, der wird auf dem 96 00:11:15,408 --> 00:11:20,948 zweiten Blick da, wenn man sich durch die Abstraktionsgrade vorarbeitet. 97 00:11:21,392 --> 00:11:44,932 Von der materiellen Ebene hin zum interpretierenden Individuum führt es weiter auf externes und in den Blättern, wie schon gesagt, finden sich dann konkrete informatische Fachinhalte und didaktische Ansätze, wie beispielsweise die fundamentalen Ideen wieder, die sie aus den Didaktik-Vorlesungen kennen. 98 00:11:45,972 --> 00:11:50,872 Was hier besonders deutlich fährt, ist die Modellkaskade. 99 00:11:51,536 --> 00:11:59,256 Die Informatik hat es zu eigen über sehr viele Modellarten zu verfügen, 100 00:11:59,856 --> 00:12:06,756 auf natürliche Weise Modellketten zu bilden, also Modellstufen hintereinander zu schalten 101 00:12:06,756 --> 00:12:12,676 und Modelltransformationen zwischen diesen verschiedenen Hierarchieebenen auszuführen. 102 00:12:13,076 --> 00:12:17,156 Das entsteht ganz natürlich aus den Problemen heraus 103 00:12:17,156 --> 00:12:19,036 und Modellkasten. 104 00:12:19,056 --> 00:12:33,956 Es ist ein sehr schönes Beispiel, um abstrakte Modelltheorien, allgemeine Modelltheorien, wie beispielsweise von Stakovich oder anderen, zu exemplizieren, also auf Beispiele anzuwenden.